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Abb. 9 Merkur lehrt Amor zu lesen und zu schreiben, ca. 1760

 

Abb. 11 Krönung Amors, 1860, Hochzeitsfächer

 

Abb.13 Ein Mädchen lässt eine weisse Taube fliegen, Hochzeitsfächer, ca. 1860

Eros et Amor: Liebes-Symbolik auf Fächern (3)

Amor ist auf vielen mythologischen Darstellungen präsent, er kann aber auch, unabhängig davon, in anderem Kontext erscheinen:
Amor werden die Flügel gestutzt: Als Strafe (weil er unüberlegt und wahllos seine Pfeile abschiesst), werden ihm die Flügel gestutzt. Das kann von seiner Mutter Venus durchgeführt werden, oder auch von einer anderen Frau, die dadurch ihre Tugend darstellen möchte (sie lässt sich nicht einmal durch Amor's Pfeil zu irdischer Liebe verleiten). Gelegentlich versucht ein Mann sie daran zu hindern, als Symbol, sich dem "göttlichen Willen" der Liebe nicht zu widersetzen. David's website zeigt ein Beispiel "Cephisa beschneidet Amor die Flügel".
Amors Lektion: Um Amor von seinen "Untaten" abzulenken, wird ihm lesen und schreiben beigebracht, meist von Merkur (siehe Abb. 9).
Die Amoretten-Verkäuferin: Zum ersten Mal findet man das Motiv auf einem Wand-Fresko in Pompei: in einem runden Holzkäfig, der nach oben hin offen ist, liegen – schlafend? – Amoretten. Eine alte Frau packt einen – recht grob - an den Flügeln und händigt ihn einer schönen, jungen Dame aus, die darüber offensichtlich sehr zufrieden ist. Diese Szene wird des öfteren auch auf Fächern dargestellt (siehe Abb. 10). Goethe liess sich davon zu einem Gedicht inspirieren: "Wer kauft Liebesgötter?", gibt ihm allerdings eine klare, erotische Bedeutung. Diese wird wiederum von Wilhelm von Kaulbach (1805-1874), einem zu seiner Zeit beliebten deutschen Freskenmaler, aufgegriffen und in unzweideutiger Weise interpretiert: nach dem pompeianischen Vorbild verkauft eine Alte die Liebesgötter. Die Flügel erwachsen jedoch weder einem Amor noch einem Vogel (wie bei Goethe), sondern einem Phallus.
Amor verteilt seine Gunst: Der Liebesgott, jetzt meist als Jüngling dargestellt, fährt entweder im Triumphzug, gefolgt von glücklichen Paaren, oder er sitzt auf einem Thron und verteilt brennende Herzen oder von Pfeilen durchbohrte Herzen, meist an Mädchen und Frauen (siehe Abb. 12). Die erotische Bedeutung des Pfeiles wurde oben erwähnt. Die Krönung Amors ist eine Variante davon (siehe Abb.11).
Amor schnitzt seinen Bogen oder spitzt seine Pfeile: Vorbereitungen, bevor Amor sich wieder "auf die Jagd macht". Manchmal hilft ihm Hephaistos/Vulkan die Pfeilspitzen schärfen.
Amor bläst Seifenblasen: Keine Liebessymbolik, sondern ein Memento Mori: das Leben (in der Allegorie der irdischen Liebe) ist so vergänglich wie Seifenblasen.

4. Von Turteltauben und anderen Vögeln
Eine andere Symbolik, die sich durch das 17. bis Mitte 19. Jahrhundert zieht, ist der Vogel in zahlreichen Bedeutungen. Als Turteltauben begleiten sie Venus/Aphrodite und finden sich im 18. Jahrhundert auf Liebesaltären oder "Freundschaftssockeln" wieder, meist zusammen mit brennenden Herzen oder Liebes- und Freundschaftsfackeln. Eine andere Symbolik ist die weisse Taube, die von einem jungen Mädchen gehalten oder gerade losgelassen wird, um zu einer zweiten Taube zu fliegen (siehe Abb 13). Sie verkörpert die Jungfernschaft, die der Ehe geopfert wird. Ganz ähnlich ist die Symbolik der (offenen) Käfige. Zu einer Zeit, da Singvögel oft als Haustiere gehalten wurden, erscheint die Abbildung von Vogelkäfigen – mit und ohne Insassen – recht harmlos. Doch verkörpert er in der Ikonographie des 17./18/ Jahrhunderts die verschiedenen Stadien der Jungfernschaft: von der virgo intacta (geschlossener Käfig mit Vogel), bis zum Verlust derselben (offenstehender, leerer Käfig). In ähnliche Richtung geht das Spiel mit dem Vogel an der Leine. Wie man von Gemälden bekannter Maler weiss, war der an einen Faden geknüpfte, zahme Vogel ein beliebtes Kinderspielzeug. In romantischer Szene eines Pärchens hingegen kommt diesem Vogel erotische Bedeutung zu, wenn "er" die Leine oder den Faden hält (was als Vorspiel zur Deflorierung gedeutet werden kann). Hält "sie" hingegen den Faden, so kann es einfach bedeuten: sie hält ihn an der Leine. Da die Bezeichnung für Vogel in vielen Sprachen auch eine sexuelle oder phallische Konnotation hat, ist aber auch eine eindeutig sexuelle Interpretation möglich (siehe Abb. 14). In dieser Beziehung ist auch Goethes oben genanntes Gedicht "Wer kauft Liebesgötter?" zu verstehen.
Schliesslich sei auch noch der Vogelfänger erwähnt, der als Papageno in Mozart's Zauberflöte ganz unverblümt auf Mädchenfang geht. Gelegentlich wird auch Amor als Fallensteller dargestellt, die Fallen inspizierend, wobei auch er "Liebesfallen" meint.

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Abb. 10 Die Amoretten-Verkäuferin, ca. 1830; (Dank an Anna Checcholi, die mir die Abbildung erlaubt hat).

 

Abb.12 Triumph Amors, ca. 1840

 

Abb. 14 Das Mädchen hält den Vogel an der Leine (Dank an Anna Checcholi, die mir die Abbildung erlaubt hat); Brisé-Fächer um 1830

     

 

©mm ausser Zitaten