Abb.6 Detail eines Commedia dell'Arte Fächers, ca. 1750, Fotographiert aus dem Buch "Fans" von E.Taylor/A.Hart

 


Abb.8 Satin Fächer mit einer Farblithographie: Colombina, gefolgt von Harlekin und Pierrot; ca.1880. In einer Fächerschachtel mit demcyrillischen Aufdruck "Alexandre, Saint Petersburg"



Sog. Pastiche-Fächer, der die Maskenfächer des 18. Jahrhunderts nachahmt, von Duvelleroy, Paris gefertigt; Foto mit freundlicher Genehmigung von S. Davoudian

Commedia dell'Arte und Fächer, Forts.

Die Commedia dell'Arte beeinflusste auch den Lebensstil der Barock- und Rokoko-Zeit, in der grossartige Feste mit Maskeraden den venetianischen Karneval imitierten. Dabei findet sich ein weiteres Utensil, das dem Fächer nahesteht: die Maske. Die Zanni der Commedia dell'Arte trugen Masken als Bestandteil ihres Kostüms. Masken sind Teil archaischer Rituale, eine der Fächerentstehungslegenden erzählt, dass Lam-Si, die wunderschöne Tochter eines chinesischen Mandarins, unter der Hitze bei einem Fest-Banquet litt. Um sich etwas Kühle zu verschaffen, hob sie ihre Maske ein wenig und fächelte sich Luft zu. Das wurde sofort von allen Damen nachgeahmt - der Fächer war geboren!

Masken und Fächer dienen ähnlichen Zwecken: man kann sich hinter ihnen verstecken, man kann jemandem nachspionieren, ohne selbst gesehen zu werden, und man benimmt sich einfach anders "incognito". In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war es in Venedig üblich, dass Damen und Herren der Gesellschaft auch ausserhalb der Karneval-Saison maskiert ins Theater oder zu einem Banquet gingen. Männer trugen die "Bauta", eine weisse Halbmaske, die nur den Mund freiliess, zusammen mit einem schwarzen Cape und einem Dreispitz. Frauen hielten sich die "Moretta", eine schwarze, ovale Ganzmaske, vors Gesicht, entweder an einem Stab, oder mittels eines Knopfes, der von den Zähnen gehalten wurde. Oft wurde die Maske der Damen durch einen Schleier oder einen Fächer ersetzt.

Der berühmteste Maskenfächer ist jener aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts, der in jeder Fächerliteratur beschrieben und abgebildet wird, in gedruckter oder gemalter Version. Die Fächerblätter des 18. Jahrhunderts zeigen aber auch Ballszenen, Maskeraden oder Commedia dell' Arte Schauspieler. Ein Beispiel ist das Detail auf Abb.6, das einen Fächer des Victoria & Albert Museums in London zeigt und von ca. 1750 stammt. Fächer mit Commedia oder Maskerade Szenen sind heute sehr selten und gesucht. Ein ähnlicher Fächer brachte bei einer Auktion bei Christies im Jahre 2000 über EURO 16.000!

Das Commedia dell'Arte Thema wird wieder um 1850 modern, wenn die Mode sich auf das 18. Jahrhundert rückbesinnt. Obwohl es noch Commedia dell' Arte Kostüme aus dem 19. Jhdt. gibt, wird diese Form des Theaters immer weiter zurückgedrängt. Dafür wird das deutsche und österreichische "Volkstheater" von Commedia-Figuren beeinflusst, was man am besten am Hanswurst sehen kann. Hanswurst ist oft in ähnlicher Kleidung wie Harlekin dargestellt, er trägt immer einen Holzprügel bei sich. Zwei seltene Fächer des Carolino Augusteum Museums in Salzburg zeigen Hanswurst bei einer eher unüblichen "Hausarbeit" (siehe Abb. 7). Hanswurst trägt immer eine schwarze Halbmaske, allerdings über der UNTEREN Gesichtshälfte! (was mit einem Bart verwechselt werden könnte).

Maskenbälle zur Faschingszeit (in Wien "Redouten"genannt, vom italienischen "ridotto") waren sowohl in Österreich als auch in Frankreich während des 19. Jahrhunderts üblich. Luxusfächer der Duvelleroy-Produktion produzierten Fächer nach alten Modellen des 18. Jahrhunderts. Einfachere Versionen druckten Karnevals - oder Commedia-Szenen auf Seidensatin (Abb. 8). Um die Jahrhundertwende wandelten sich die Pierrots in kleine, puttenähnliche Gestalten, die oft Unsinn im Sinn hatten (Abb. 9). Das Thema der Äpfel-stehlenden Pierrots taucht in der Fächerliteratur öfter auf, z.B. bei S. Mayor (Biblio No. 25).

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Abb.7 Hanswurst Fächer des Carolino Augusteum Museums in Salzburg, ca.1720/30; Fotographiert von einer Ausstellungsbrochure.


Abb.9 Pierrots beim Äpfel-Stehlen, mit einem schlafenden Napoleon-Pierrot im Vordergrund, ca. 1900, Frankreich?




Werbefächer für den Champagner Ayala, Chambrelent, ca. 1925/30

     

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