Abb.6
Detail aus Anbetung der Könige von Fra Angelico und Filippo Lippi; der Pfau sitzt auf der Krippe, ca. 1400-1465
www. onlinekunst.de

 

 

 

Abb.8
Chin. Gänsefederfächer mit aufgesetzten Pfauenaugen, Ca. 1850
www.museolugo.org/exposicion/
expo_aba.htm

PFAUENSCHREIE - Der Pfau in der Geschichte des Fächers - Fortsetzung S. 2

In der christlichen Religion kommt dem Pfau besondere Bedeutung zu: er gilt als Symbol der Ewigkeit, weil, nach Quellen der Antike und des Hl. Augustinus, Pfauenfleisch unverweslich sei. Auf Paradiesdarstellungen des 15. und 16. Jahrhunderts ist daher oft ein Pfau abgebildet, manchmal allerdings in Gestalt eines Truthahns (beides sind Hühnervögel, die Ähnlichkeit ist noch in der spanischen Bezeichnung "pavo" für Truthahn und "pavo real" für Pfau ersichtlich). Gleichzeitig jedoch wird er auch zum Symbol der Sünde: "Der Entsetzensschrei des Pfaus über die Hässlichkeit seiner Füsse wird zum Gleichnis für den Menschen, der bei aller Wohlgestalt und Auszeichnung plötzlich seiner Sündhaftigkeit gewahr wird". (http://www.cityinfonetz.de/tagblatt/archiv/kunstbeilagen/bibel/pdf/10.pdf)
Neben dem Flabellum zur Abwehr der Insekten von Altar und Kelch (siehe Constitutiones apostolicae, 1. Jhdt. n.Chr.), wurden dem Papst auch 2 hohe Pfauenfederfächer bei feierlichen Anlässen vorangetragen, die auch oft als "flabellum" bezeichnet wurden (Abb.8). Laut Buss (Biblio No.54) verkörpern sie die Cherubim, Symbole der von Gott auf den Papst übertragenen Macht auf Erden.

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Abb. 8
Detail aus P. Bertelli's Kostümbuch, 1592 Padua, in
"Kunst und Mode aus 5 Jahrhunderten"

Später wird die Pracht des Pfaus als Symbol für Hochmut - superbia, und Eitelkeit - vanitas verwendet und bleibt es bis zum heutigen Tag. Ein Fächer "Allegorie der Eitelkeit" von Ludwig von Hofmann im Stil des Symbolismus gemalt, findet sich in C. Kammerls erstklassigem Referenz-Werk "Der Fächer" (Foto-Nr. 156, S. 237, Biblio No.23). Diese Vogelmetapher wird auch in Fritz Langs Filmklassiker Metropolis verwendet, wo im Vordergrund der verführerischen Frauen ein Pfau zu sehen ist, während die jungfräuliche Maria im Film von weissen Vögel umgeben ist.
(www.mytholyoke.edu/~ahstroud/uebertriebene.html).
Bereits 400 Jahre zuvor, auf Carpaccio's "Zwei Venetianerinnen", ist der Pfau Symbol des Luxus und der Sünde, der gemeinsam mit anderen "Luxusgütern" wie Papagei, Schosshündchen, Zwerg und 'chopines' (= venetiansiche Plateau-Schuhe) die zwei Damen als Kurtisanen identifizieren lässt. (www.kfki.hu/~arthp/art/c/carpacci/5/01ladies.jpg

 


Abb.7
Pfauenfächer zur Prozession des Hl. Liborius in Paderborn

 

Abb.9
"Donzella di Millano"
"Varij vestitus in picturis praesertim Venetianorum et quorundam Italorum", Anf. 17. Jahrhundert (S.17 in "Kunst und Mode aus 5 Jahrhunderten")




Abb.10
Kaminschirm, Aquarell/Gouache auf Papier, Ende 18. Jhdt. ?
[aufs Foto klicken für Vergrösserung]

 

 

 

 

In der Renaissance waren Federfächer sehr modern. Es gibt allerdings nur eine mir bekannte Abbildung eines Pfauenfederfächers, die "Donzella di Millano" (Abb. 9), so beschrieben und abgebildet in "Varij vestitus in picturis praesertim Venetianorum et quorundam Italorum", Anf. 17. Jahrhundert (S.17 in "Kunst und Mode aus 5 Jahrhunderten", Biblio No. 42). Es ist daher eher anzunehmen, dass hauptsächlich (in Italien modisch eingefärbte) Straussenfedern Verwendung fanden.

Im 18. Jahrhundert, dem "goldenen Zeitalters" des Fächers, verschwinden Federfächer überhaupt. Mythologische Darstellungen geben Hera-Juno Pfaue als Begleitung. Die Pfauenfeder wird zum Symbol der verheirateten Frau. Remakes dieser Fächer im 19. Jahrhundert behalten diese Symbolik bei (z.B. Foto Nr. 123, S. 210, C. Kammerl, Biblio No.23).

Ab 1800 werden kleine seidene, mit Pailletten bestickte Fächer modern. Diese haben meist florale oder geometrische Muster, ab und zu auch figurale Szenen. Im Katalog des Mainfränkischen Museums (Biblio No. 29) ist ein Exemplar mit goldenem Pailletten-Pfau abgebildet (S. 138).
Um 1850, werden in China Gänsefederfächer mit Pfauenaugenfedern für den europäischen Markt produziert (s. Abb. 8).

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erinnert man sich wieder des Pfaus als dekorative Darstellung für Fächer. Er erscheint auf prachtvollen Spitzenfächern, wie z. B. auf dem schwarzen Chantilly-Spitzenfächer, Nr. 85 in "Unfolding Beauty" (Biblio No.32). Als Folge der Weltausstellungen interessiert man sich für alles Orientalisch-Exotische. Die Mode wird davon ebenso inspiriert wie die Kunst, die sich zunächst im floralen Jugenstil und dann im orientalisch angehauchten Art Déco entwickelt. Federn und Pfau erleben eine neue - letzte - Hoch-Zeit als Fächer.

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Abb. 11
Detail der Stäbe eines Fächers aus dem 2. Viertel des 18. Jahrhunderts [aufs Foto klicken für Vergrösserung]

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